Ich könnte schreien vor Schmerz,
dass die Menschen Kriege führen,
dass Sie die Welt zerstören.
Ich könnte sie erschlagen.
Wäre ich dann besser?
So lasse ich meine Plastiken reden,
in der Hoffnung, dass sie einsichtig werden.
Ich könnte schreien vor Schmerz,
dass die Menschen Kriege führen,
dass Sie die Welt zerstören.
Ich könnte sie erschlagen.
Wäre ich dann besser?
So lasse ich meine Plastiken reden,
in der Hoffnung, dass sie einsichtig werden.

Die Welt, in der wir leben

Bronze, 1977, 30 cm

Ungeheuer ist viel, doch nichts ungeheurer als der Mensch. (Sophokles, Antigone)

„Die Welt in der wir leben“, Jahrgang 1977, ca. 30 cm große Bronzeplastik, besteht aus einem hohlen, zum Betrachter hin geöffneten Erdball, auf der sich eine Gruppe Menschen wie im Tanz bewegt, während der Erdboden unter ihren Füßen einbricht, die Erde vollständig zerstört wird, die Menschen in den Abgrund der Welt stürzen. Die Erdkugel selbst wird von einem fest angefügten Ständer gleichen Materials getragen, säulenförmig auf viereckiger Platte. In der für Sauers Werke eher ungewöhnlichen Kleinheit dieser Plastik, liegt eine ganz eigentümliche Größe ihres Ausdrucks. Der Betrachter wird quasi auf einen Blick im Ganzen wachgerüttelt: Die Welt liegt da wie ein havariertes Luftschiff in treibender Zeitlosigkeit, sinnloser Trostlosigkeit, weit entfernt, gegenwärtig nah, rundum geschlossen, hohl, dumpf, leer. Geballte Materie, ausgesaugt, straff, unter den Tritten ihrer Gäste kraterförmig eingebrochen. Die Erde wehrt sich – nicht mehr!

Wir – die Menschen – gesichtslose Wesen. Gesichtslos, dem Augenblick verfallen, in Bewegung erstarrt, in der Masse vereinzelt, ununterscheidbar, kein einziger für sich. Schritt um Schritt schreiten wir fort – fortschrittlich, uniformiert, gleichgeschaltet und fremd unter Fremden stürzen wir in eigener Beziehungslosigkeit abgewandt seelenlos kopfüber in den Schlund der Welt.

Leben – nur noch Erlebnis. Tanz auf dem Vulkan! Der Selbstzerstörer will unkontrolliertes Wachstum. Den Tod von allem als letzte Konsequenz. Manipuliert, degeneriert, archiviert, datenerfasst: Die Menschenwürde ist teilbar. Immunschwäche, gefangen in sich, Zerfall. Wir richten uns ein, schaffen die beste aller Welten. Mutter Erde darf getötet werden. Befriedigte Welt. Ekstase.

In der Welt leben ist nur möglich, wenn wir verantwortlich mit der Welt leben, wenn wir aus der Welt leben, von der Welt leben, durch die Welt leben, aber nicht gegen sie. Erich Sauer, der Weltbürger, stellt immer wieder neu die Frage nach dem Menschen und versucht mit seiner Kunst wegweisende Antworten, die den Einzelnen und die Gesellschaft in die Verantwortung für ihr Handeln stellen. Wie ein Spiegel führt uns „Die Welt, in der wir leben“ vor Augen, dass wir Menschen selbst es sind, die uns und die Welt für
immer zerstören. Und sie ist ein einziger entschiedener Appell an die Menschen, dass sie endlich aufwachen und zu verantwortlichem Handeln aufbrechen, bevor die Welt im Ganzen einbricht...