Schritt in die Zeit

Bronze, 1998, 190 cm

Unverwechselbar sind sie, die Figuren von Erich Sauer.

Ihm ist es gelungen, sie so zu abstrahieren, dass sie zum Symbol werden. Kein Abbild, sondern Zeichen und Chiffre, mit hoher Ausdruckskraft und unverkennbar eigenständig. Meisterhaft modelliert, gießt und bearbeitet er selbst seine Bronzen. Kunst und Handwerk kongruent. „Der Schritt in die Zeit“ ist zögerlich, vorsichtig, absichernd und entspricht der Haltung des engagierten Künstlers, der in vielen seiner Arbeiten unsere Zeit eher kritisch kommentiert.  Ob das gerade modisch gefragt und erwünscht ist, das ist Erich Sauer gleichgültig, er muss absolut ehrlich Stellung beziehen.

Die Figur scheint statisch und so gar nicht forsch vorausschreitend, sondern eher unsicher tastend. Aus der gespaltenen Form kommt ein Uhrzeiger, der nach vorne zeigt, suchend wie der tastende Stock eines Blinden. Der gespaltene Mensch, zerbrochen an der Unbegreiflichkeit seiner Zeit, nur ungenügend gestützt durch den eingeknickten Stab. Durch eine leichte Drehung scheint die Figur ihr Gewicht zu verlagern und sich vorsichtig in Bewegung zu setzen. Der warme Farbton und die feine Struktur der edlen Bronze stehen im Kontrast zur zurückgenommenen kubischen Form. Die Zukunftsfreudigkeit und Technikbegeisterung der Futuristen kann von Sauer nicht geteilt werden und ist eher einer Skepsis gewichen. Der nimmermüde Mahner rät uns zur Vorsicht und zu genauem Hinsehen.
 

Klaus Heinrich Keller
Maler
Rodalben